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Vom Zeitalter der Stille

Die Welt war verstummt, sie schien still zu stehen.

Nichts nahm mehr seinen gewohnten Lauf, alles war irgendwie fremd und anders.

Während dieser Zeit schien es weder Gut noch Böse zu geben. Oder schlief es nur?

Die Welt selbst schien immer schwächer zu werden, als ob auch sie in Trauer versunken war. An manchen Stellen gab es riesige Risse im Erdboden. Das große Ostmeer brodelte, als würde es kochen. Bäume und Tiere starben.
Vieles schien einfach zu versinken im ewigen Strudel der Zeit.

In dieser Zeit begannen die Menschen zu beten.

Viele Jahre nach der großen Schlacht schloss sich ein Rat der Weisen zusammen. Mächtige Magier und Forscher waren zusammen gekommen, um etwas zu besprechen.

Ein blauer Stern, der dennoch auch rötlich schimmerte, war am Horizont aufgetaucht.
Was es damit auf sich habe und ob er etwas mit dem Stillstand der Welt zu tun hatte, wollten sie in Erfahrung bringen.
Sie trafen sich viele Tage, Wochen und Monate. Es wurde heiß diskutiert und immer wieder die abstrusesten Vermutungen aufgestellt.
Unter ihnen war ein Forscher mit Namen Namias Runin. Er behauptete die ganzen Monate lang, dass dieser Stern näher komme. Er wurde oft deswegen ausgelacht, denn die Weisen hatten schon eine Erklärung für das Größerwerden des Sterns. Sie waren sich einig, dass er wachse, und das machte ihnen mehr Sorgen.
"Warum sollte dieser wunderbare Stern unter all den Sternen und Planeten direkt auf uns zu fliegen?", lachte einer der Ältesten unter ihnen den jungen Namias aus.

Nachts, wenn ihn keiner sah, stahl er sich hinaus und schaute durch das große Fernrohr zu diesem Stern hinauf. Er sah wundervoll aus. Hypnotisch schimmerte er in allen blauen und roten Tönen die man sich nur vorstellen konnte. Ab und an stiegen große rote Lichtfontänen von diesem Stern auf.

So sehr Namias auch davon fasziniert war, genauso trat ihm auch eiskalter Schweiß der Angst auf die Stirn, wenn er ihn ansah. Seine Finger wurden klamm und steif. Dennoch konnte er nicht von ihm lassen. Er musste ihn immer und immer wieder betrachten.

Später, als der Stern, den Namias eindeutig als einen Komet erkannt hatte, schon so groß war wie ein Mond, begannen die Menschen unruhig zu werden. Hier und da kamen wilde Mutmaßungen auf, und plötzlich hieß es von vielen Menschen, es wäre die Erlösung. Der Beginn eines neuen Zeitalters. Er würde sie alle zu mächtigen Kriegern und weisen Menschen machen.
Und so wurde errechnet, wann der Komet das ganze Himmelszelt überdecken würde und das Göttliche Licht sie alle unsterblich werden ließe.

Wieder trafen sich große Gelehrte und Wissende aus allen Völkern. Nur die Elfen blieben aus.
Viele Boten waren ausgesandt worden, um sie zu unterrichten, aber keiner von ihnen fand Yew, in den wirren elfischen Wäldern. Die einstigen Wege waren verschwunden, als ob die Natur selbst die Elfen verborgen halten wollte.
Manche glaubten, die Elfen wären mit der Zerstörung Minax und Lord British verschwunden.

In Wahrheit aber hatten die Elfen die Gefahr, aber auch das Gute in dem Kometen lange erkannt.
Ihre größte Siedlung Yew war immer noch dort, wo sie schon seit Jahrhunderten lag. Doch hatten sie schon zu lange zusehen müssen, wie ungeschickte Füße auf dem wunderschönen Boden der Wälder Yews wanderten, ohne diesem die nötige Ehrfurcht entgegen zu bringen.

In ihrer ihnen eigenen Art veränderten sie das Antlitz des Waldes. Seit dieser Zeit umgab die Wälder von Yew ein noch größeres Geheimnis, als es ohnehin schon war und nur die wenigsten Menschen waren in der Lage, sich nicht hoffnungslos in ihnen zu verlaufen.

Einige Waldelfen waren zu den Menschen gegangen und versuchten ihnen klar zu machen was durch den Stern passieren würde und man dieses nicht unterschätzen dürfe.
Jene Menschen, die das hörten, schenkten ihnen kaum Beachtung. Sie waren blind vor Gier nach Macht.
Die Zusammenkunft der Weisen ergab, dass es nur noch 98 Tage dauern würde, bis das Licht das ganze Himmelszelt überflutet.

So begann man weit und breit Aufträge für die größten Festivitäten zu erteilen, die die Welt je gesehen hatte. Es wurde alles Gold ausgegeben und alles verkauft, was man hatte, nur für das Fest der Macht. Jeder wollte so viel wie irgend möglich für das Opfer, welches man dem Licht als Geschenk anbieten wollte, zusammentragen. Das Licht schien alle in eine Art Trance zu werfen, der selbst die Vernünftigsten mit der Zeit erlegen waren.

In den stinkenden und dreckigen Lagern der Orks gab es ebenfalls Verwirrung. Aber niemand, selbst der mächtigste Schamane unter ihnen – Urukar – konnte es erklären, und so wurde es für ein Elfending gehalten; misstrauisch angeschaut aber ignoriert.

Die Drow, die seit jeher das Licht scheuten, verbargen sich in tiefen Höhlen, um ja nicht das grelle und eklige Licht sehen oder gar spüren zu müssen. In dieser Zeit war nie ein Dunkelelf mehr gesehen worden, was die Menschen in ihrem Glauben bestärkte, dass dieser Stern nur etwas Gutes zu bedeuten hatte.

Bei den Zwergen war man mehr als nur misstrauisch. Sie waren nicht mehr viele, und daher mussten sie aufpassen, was sie glaubten. Einige meinten, dass es ein riesiger Edelstein sein müsse und er würde ihnen ewigen, unsagbaren Reichtum bringen. Doch die Überzahl hielt es für irgendeine Art Zauber. Und so kam es, dass die Zwerge in ihrer Furcht um dieses unerklärliche Zauberding beschlossen, ihre Stadt vollständig in die schützenden Berge zu schlagen. Hinter mächtigen Steinwällen hörte man es seit jenem Tage dröhnen von kräftigen Schlägen gegen den Stein. Unmengen an Nahrungsmitteln schleppten die Zwerge in die Stollen. Keinem Menschen war es gestattet, die Stollen zu betreten, könnte doch das seltsame Ding am Himmel dadurch auf sie aufmerksam werden.

Namias derweil versuchte immer noch vergebens, die großen Weisen davon zu überzeugen, dass dieser „Komet“ eine Gefahr sei und kein Segen. Doch sie verspotteten ihn erneut und ließen ihn von den Wachen entfernen.
Niedergeschlagen und zutiefst bestürzt musste er erkennen das sie alle nach Macht gierten und ganz und gar ihren Verstand verloren hatten.

Dennoch konnte er ein paar Freunde, die nicht nach Macht strebten, davon überzeugen, was geschehen könnte. Mit ihnen zog er in die Mitte von Britannia. Dort errichteten sie ein kleines Lager. Insgesamt waren wohl 100 Menschen mit ihm gekommen, die wie er an der Erlösung zweifelten.
Gemeinsam gaben sie sich die Stärke, dem Licht zu widerstehen.

Die Tage verstrichen und der Himmel wurde immer heller. Das Licht brannte nun sofort in den Augen, sobald man hinauf sah. Es wurde immer wärmer, immer schwüler. Die Luft war drückend schwer, man konnte kaum noch atmen.
Am siebenundneunzigsten Tag war die Hitze nicht mehr zu ertragen.
Namias saß am Waldrand der kleinen Lichtung und der Schweiß schoss in Strömen aus seinen Poren.
Die Müdigkeit übermannte ihn fast. Den anderen schien es auch nicht besser zu gehen. Nächte hatte es schon seit einer Woche nicht mehr gegeben, es war immerzu Tag.
Egal wann, egal wo auf der Oberfläche Sosarias, es war Tag.
Oh, wie er dieses Wort plötzlich verabscheute - Tag immer zu Tag - immer und überall Licht. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Gerade als er eingedöst war, geschah etwas.

Es wurde laut um ihn herum. Zuerst klang es wie das Brodeln aus einem riesigen Topf. Er riss die Augen auf und starrte auf den kleinen Teich neben ihm. Er kochte. Sein Blick huschte zum Himmel hinauf. Doch was er dort sah, raubte ihm fast den Verstand. Der Himmel stand in Flammen. Gleißendes Licht strahlte herunter und Flammenzungen tänzelten über dem Firmament.

Wenige Augenblicke später gab es einen ohrenbetäubenden Knall und die Erde erbebte unter einer gewaltigen Kraft. Namias wurde von den Füßen gerissen und schlug hart auf den ausgedörrten Waldboden. Dort lag er, unfähig sich aufzurichten, und die Erde krachte nur so unter ihm. Überall um ihn herum wurden Bäume wie von unsichtbarer Hand entwurzelt. Die Welt schien zu zerbersten. In diesen Lärm mischten sich Schreie und Kreischen der Menschen um ihn herum.

Die Erde bebte immer noch, als man ein Zischen hörte. Erst war es leise und wurde von dem Durcheinander der ängstlichen Ausrufe auf der Lichtung fast überdeckt. Doch schnell wurde es immer lauter, begleitet von einem sirrendem hohen Ton. Namias versuchte langsam aufzustehen und herauszufinden, woher das Geräusch kam und was es damit auf sich hatte. Er erspähte über dem gesamten Horizont eine immer größer werdende Wolke, dunkel und bedrohlich.

Als er genauer hinsah, erkannte er, dass sie nicht größer wurde sondern näher kam. Laut brüllte er zu den anderen Menschen, sie sollen sich hinlegen oder Deckung suchen.
Er selbst warf sich dort, wo er stand, auf den Boden hinter einen kleinen Fels. Um ihn herum rannten die Menschen kreischend und verrückt vor Angst herum.
Und da brach die Druckwelle des Einschlags über sie herein.
Bäume wurden wie Strohhalme umgeknickt und hinfort gerissen. Die Zelte wurden in kleine Teile zerfetzt. So mancher wurde von der heftigen Druckwelle mitgerissen und nie wieder gesehen.
Die Druckwelle packte große Felsen wie kleine Kieselsteine und warf sie gegen die Bäume.

Diese vernichtende Schauspiel fand in ganz Sosaria seine Bühne. Viele Lebewesen mussten bei dieser Druckwelle sterben. Drei volle Tage und Nächte hielten die Stürme an, die den ganzen Himmel verdunkelten und wie ein todbringendes Chaos über allem wüteten.
Es war ein unerklärliches und großes Glück, dass der Planet wohl nicht ganz zerborsten war.

Doch die Verwüstungen sollten das Antlitz der Welt für immer verändern.

Denn immer wenn Wesen in Not sind und beten, werden neue Götter geboren....
Die Welt Sosaria...
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